Das Sonntagsblatt 12.1.2014 Das Blatt zum Nachdenken Sonderausgabe Teil 1: Die Tafel

 

…Ich steige aus dem Zug wende mich zum Meer…ich schmecke das Salzige auf den Lippen drehe mich herum und marschiere…gehe entlang des Weges so wie ich es mir befehle.Ich gehe und finde des Weges: Eine Mandarine,eine halbe Tafel Schokolade,ein Brötchen in einem Bushäuschen…das lasse ich mir für morgen murmel ich vor mir her…werde aber in den kommenden Sekunden überraschend unterbrochen.Meine Aufmerksamkeit wendet sich einer Gruppe Menschen zu welche vor einem kleinen Laden steht und wartet: Es ist nicht irgendein Geschäft,es ist ein besonderer Kaufladen,ein Lädchen in dem Geld keinerlei Beachtung zu besitzen scheint und hier Lebensmittel ausgegeben werden nur für Menschen die eine Berechtigung dazu haben Spenden in Empfang nehmen zu dürfen.Ich kenne Tafeln,in jeder Stadt gibt es sie,ich habe viel darüber gelesen und vieles verfolgt  in Zeitungsberichten oder Reportagen,jedoch gerät alles leider viel zu schnell wieder in den Hintergrund…doch das wird sich gleich grundlegend ändern: Ich betrachte die Angelegenheit nicht mehr ganz so oberflächlich,denn jetzt seit meiner Situation vor wenigen Stunden gehöre ich zu ihnen,zu den Armen,zu jenen die keine Reichtümer besitzen,die kein Geld haben für Kleider und kaum Bares in der Tasche haben um sich während der Woche frisches Brot zu leisten...und doch trennen uns Ozeane voneinander...denn in spätestens 15 Tagen werde ich diese Welt wieder verlassen haben!Es steht geschrieben auf dem Schild: Aus Mangel an Spenden können wir leider nur Freitags von 15 -18 Uhr geöffnet haben. Alte Frauen und Männer warten ungeduldig darauf das in wenigen Augenblicken sich die Türen öffnen und bestimmt sogar wird in kurzer Zeit alles vergriffen sein.Ich bin traurig wenn ich diesen Leuten in ihren Gesichtern blicke und es lässt mir die Tränen in den Augen treiben wenn ich daran denke das sie ein ganzes Leben lang geschuftet und malocht haben…und sie sich mit ihren kleinen Renten den Monat nicht über‘s Wasser halten können.Diese Menschen werden mich begleiten,nein nicht etwa nur bis zum Ende meiner Reise,sie haben in mir eine tiefe scharfe unheilbare Wunde gerissen,sie haben es geschafft ohne es zu ahnen mein weiteres Leben entscheidend zu beeinflussen.Am Abend wühle ich hinter einem Supermarkt in der Mülltonne herum: Ich schäme mich für nichts sage ich…Würstchen jede Menge Würstchen und einen Haufen anderer schimmeliger Lebensmittel…die Paprika die ist noch ok sogar noch in Folie eingeschweißt! Hätte man,ja hätte man wenige Tage vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums…hätte man denke ich,hat man aber nicht,anstatt sie für die Tafel zu spenden wurden sie in den Müll geworfen.Aber halt warte doch mal: Hey vielleicht gibt es einen Weg zurück,ja es wäre doch nicht auszuschließen,dass diese besagten Würstchen nocheinmal den Weg zurück in die Supermärkte fänden,recycelt mit neuer Würze,mit Frischegarantie verpackt und versiegelt…mit neuem Haltbarkeitsdatum und niemand wird davon je erfahren…und man bräuchte sich dafür nicht zu schämen!